Die Diagnosekriterien entsprechend ICD-10 und DSM-IV
ICD-10:
F90.0 einfache Aktivitäts-und Aufmerksamkeitsstörung
F98.8 andere nähere bezeichnete Verhaltens- und emotionale Störungen, Beginn in der Kindheit und Jugend: Aufmerksamkeitsstörungen ohne Hyperaktivität
DSMV-IV
314.01 ADHS, kombinierter Typ
314.00 ADHS, vorwiegend unaufmerksamer Typ
314.01 ADHS, vorwiegend hyperakativ-impulsiver Typ
314.9 ADHS, nicht näher bezeichnet; "Residualtyp"
Die obgenannten "Schubladisierungen" mit "Subtypen" wurden fürs Kindesalter konzipiert.
Entsprechend schwer tut man sich bei Erwachsenen.
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Damit Aussenstehende das mit dem defekten Informationsfilter verstehen können, muss man sich einen gesunden Menschen als Erde vorstellen. Der Mond steht für den ADSler.
Die Erde verfügt als grossen Unterschied zum Mond über eine schützende Atmosphäre. Diese hält Strahlung, Sonnenstürme, Meteoriten-Beschuss und Extrem-Temperaturen ab. Sie dient auch als Wärme-Speicher.
Der Mond dagegen ist ein armes Gestirn. Er wird ständig beschossen. Ist schutzlos dem Universum ausgeliefert und ist mit der Zeit durch die Kälte erstarrt. Die Strahlung hat ihn
verseucht, das wärmende Licht wird direkt wieder ins Weltall geschleudert, und die Krater dienen nur noch als Film-Hintergrundkulisse. Ja, er dreht sich nicht mal um die eigene Achse. Gebt ihm eine schützende Decke.
Was aber heisst nun „Aufmerksamkeit“ genau? Dazu zuerst ein kurzer Ausflug in die Theorie:
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Aufmerksamkeit ist eine der elementaren Voraussetzungen für menschliches Handeln schlechthin.
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Wir Menschen reagieren nur auf einige von
vielen Signalen, welche uns erreichen. Reize, welche uns als wichtig
erscheinen, besonders stark sind oder mit unseren aktuellen Interessen
verbunden sind, haben normalerweise Vorrang. Von der unendlich grossen
Anzahl äusserer und innerer Reize, wählen Menschen normalerweise nur die
wenigen aus, welche der aktuellen Herausforderungen entsprechen und
geeignet sind, das geplante Handeln geordnet umzusetzen.
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Bewusste Aufmerksamkeit meint also die
Fähigkeit, trotz Reizflut nicht zu übermüden und aus einer unendlichen
Vielzahl von inneren und äusseren Reizen, denen wir Menschen ständig
ausgesetzt sind, diejenigen auszuwählen, welche eine geplante Handlung
organisieren, vollziehen und kontrollieren können.
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Um sich in einer komplexen Umwelt
orientieren zu können und um einen bestimmten und aktuell relevanten
Reiz selektiv wahrnehmen zu können, muss das menschliche Gehirn in der
Lage sein, Reaktionen auf irrelevante und somit überflüssige Reize zu
hemmen. Dieser Hemm- oder Filter-Vorgang wird Inhibition genannt.
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Diese aktive Leistung des Gehirns zur
Aufrechterhaltung von Aufmerksamkeit, Orientierung und planmässigem
Handeln wird an der Schaltstelle des sogenannten Nucleus caudatus sowie
in der Stirnhirnregion geleistet. Die Hemmvorgänge bewirken, dass nicht
jeder frisch eintreffende Reiz als neu und interessant eingestuft wird.
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Die Inhibition (Filterung, Hemmung)
ermöglicht in diesem Zusammenhang also auch, dass sich das Gehirn an
diese (unwichtigen) Reize gewöhnen kann und nicht jedes Mal gezwungen
wird, die Aufmerksamkeit auf ein Neues und immer und immer wieder den
gleichen und unwichtigen Reizen zuzuwenden.
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Die Selektion von wichtigen und unwichtigen
Reizen kann also nur dann erfolgen, wenn das Gehirn durch die Inhibition
in die Lage versetzt wird, zu „lernen“.
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Ohne ausreichendes Funktionieren dieser
Filter- und Hemmvorgänge im Gehirn wären wir Menschen völlig
orientierungs- und handlungsunfähig. Unwichtige Reize würden sofort in
den Gedankenfluss aufgenommen, zielgerichtetes Handeln würde enorm
erschwert, die Ablenkbarkeit wäre massiv erhöht und das ganze Denken
wäre chaotisch und wirr ob der vielen gleichzeitig eintreffenden
Sinneseindrücke.
Die Beschreibung der Folgen der mangelhaften
Inhibition entsprechen in weiten Teilen den Problemen von
aufmerksamkeitsgestörten Kindern.
Kinder (aber auch Erwachsene) mit einer ADHS
werden oft überflutet von Reizen, wenden sich sofort allem Neuen und
Seltsamen zu (während „Normales“ übersehen wird), „sehen“ und „hören“ zu
viel, sind in der Folge durch jedes Geräusch, jeden (interessanten)
Gedanken und jedes Gefühl ablenkbar und oft nicht recht bei der Sache.
Viele der sekundär auftretenden emotionalen
Probleme - inklusive einer Disposition zu einer depressiven,
hypochondrischen und ängstlichen Grundhaltung - basieren auf dieser
elementaren Reizoffenheit bzw. auf der biologisch determinierten
Unfähigkeit, Reize in ausreichender Stärke selektiv verarbeiten zu
können. In der Tat ist es so, dass man in der Wissenschaft heute davon
ausgeht, dass eine gestörte Inhibition die wesentliche neurobiologische
Ursache der ADHS darstellt. Wie oben dargelegt, handelt es sich bei der
Hemmung oder Filterung der auf das Gehirn eintreffenden vielfältigen
Reize und Signale um einen aktiven Vorgang des menschlichen Gehirns.
Allan J. Zametkin fand bereits 1990 heraus,
dass bei Erwachsenen mit einer ADHS im linksseitigen Frontallappen eine
auffällige Reduktion des Zuckerumsatzes vorliegt, was bedeutet, dass die
Gehirnregion, welche für die Inhibition zuständig ist, hinsichtlich
ihrer Energieversorgung unterversorgt ist. Glukose bzw. Zucker ist für
das Funktionieren des Gehirns ebenso wichtig, wie der Wind für ein
Segelschiff. Man geht heute davon aus, dass der ADHS eine komplexe
Dysregulation von Neurotransmittern (Botenstoffe im Nervensystem) im
limbischen System und im Frontallappen zu Grunde liegt und dass in der
Folge auch die Reizverarbeitung gestört ist.