Samstag, 27. April 2013

Leben mit Diagnose ab 41 Jahre / Stand heute # Teil 6



In den ersten 12 Stunden nach der Diagnose fand eine Erleichterung statt, die dann abrupt einer grossen Traurigkeit wich, weil man erklärt war, weil man kein eigentliches Individuum mehr war (s. Rubrik Diagnose).

In der ersten Zeit nach der Diagnose fand eine innere Beruhigung statt, danach ein Kampf gegen das Verhalten und Denken.

Weiterhin Zappelbeine im Bett, hauptsächlich morgens ab 08:00 und abends um 21.00 Uhr, jeweils eine halbe Stunde. Die unruhigen Beine versuchen stets, einen Spagat zu bilden. Kommt rund 2 - 3 Mal pro Woche vor. Immer noch kindliches Verhalten, seltsame Mimik und eine nicht verbesserte (Nonsens-Smalltalk-)Gesprächskultur.

Suchtverhalten besser dank stressfreierem Job (und gut eingestellten Medikamenten) und riesiger Angst vor nachfolgenden Depressionen und dank einer absolut lieben, einfühlsamen und verständnisvollen Partnerin.

Jedoch weiterhin ständig Gedanken am Anfang jeglichen Tuns schon ans Ende in Staub und Asche zu denken, und diese Gedanken der breiten Oeffentlichkeit immer mitteilen zu wollen. Vergesslichkeit weiter in einem kritischen Level. Das Unverständnis für die stumpfen Mitmenschen und der Hass auf diese wird immer stärker. Ich erkenne mich immer mehr als Uebermenschen an.Weiterhin Leserbriefe-schreibend, unerträglicher Perfektionswahn und extremer Gerechtigkeitssinn.

Weiter zunehmende Abneigung auf News-Medien und Menschen. Ambivalenz weiter sehr hoch. Stimmungsschwankungen im Minutentakt, aber nicht mehr ganz so extreme und lange Episoden. Fehlendes Urvertrauen und Angst vorm Vergessen sind stark vorhanden und lassen mich kopflos rumirren. Motorik bei rythmischen Bewegungen gestört. Ständiges Reden nicht abgestellt. Radarblick immer noch für mich und Umfeld sehr störend. Meist in der abgedunkelten Wohnung vegetieren, damit ich mich von äusseren und stressigen Einflüssen wie Sonnenlicht, Menschen-Lärm, Vogelgezwitschere und Bewegung vom Verkehr fernhalten kann. Aber auch die Ruhe in der Wüste stört, weil Nichts eben auch Etwas ist.


Entscheidungsschwäche: Ich entscheide z.Bsp., ein Tischchen für das Wohnzimmer zu kaufen.
Nach 1 Minute sagt der Feind/Freund in meinem Kopf, Nein, brauchst du nicht. 2 Minuten später: Ach doch, ich kaufe es, die Welt geht morgen eh unter. Dann wieder, Nein, hast eh kein Platz und alles ist eh unnötig auf dieser Welt, Zerfall überall, nieder mit dem Besitztum....etc.etc.
Ende offen!

Die Wohnung kann ich u.a. nur sauber verlassen. Das ist ja noch in Ordnung. Aber es muss akribisch alles an seinem Platz sein und ästhetisch wirken und die Komposition der Dinge stimmen: Z.Bsp. müssen die WC-Rollen so für mein Auge gestapelt sein, dass Harmonie in meinem Kopf stattfindet. Auch stelle ich nach wie vor fest, dass ich viel zu schnell zutraulich bin und jedem Menschen alles geben würde.

Auch ist es für mich heute kaum möglich, ausserhalb der Wohnung Besitztum zu haben, weil dann meine Gedanken ständig um diese Dinge kreisen: Auto, Velo, etc. Zu erklären ist das damit, dass meine Gedanken auch so schon ausserhalb meines Körpers sind. Ich muss allso versuchen, Besitz eng um mich zu scharen - dann scharen sich auch meine Gedanken enger um mich.