Sonntag, 10. März 2013

Aerzte / Therapeuten / Wissen # Teil 8










"Wissen ist Macht, nichts wissen macht nichts!"

Hier ein paar Beispiele von meiner Odyssee durch die Aerzteschaft:

1. Eine Psychologin lobte mich für mein ästhetisches Auge und sagte, dass ich fast alle Voraussetzungen für ein erfolgreiches Leben hätte, nur dass ich mit diesem Instrumentarium beim besten Willen wegen ADD nichts anfangen könne.

2. Ein Suchtexperte erklärte mir wegen meiner Reiseangst und Sozialphobie, dass ich wie ein Raubtier mein angestammtes Reservat verteidige und nicht verlassen möchte. Dieses ist wie eine Käseglocke und schwebt über den allg. gültigen gesellschaftlichen Handlungen. Auch habe die ADD-typische Unbeständigkeit durchaus positive Seiten, wie z.Bsp., dass man an einer Biersorte nicht lange festhält............und zu einer anderen wechselt.


3. Hausärzte im Allgemeinen verschrieben mir glücklicherweise immer recht schnell 
    Psychopharmaka.

4. Einen Psychiater musste  i c h  ein halbes Jahr lang therapieren.

5. Mein Lieblings-Hausarzt lobte mich für meine extrem neue interessante Sicht der Dinge und bezeichnete mich (entschuldigend) als Menschen mit künstlerischer Gabe und unendlicher Kreativität.


6. Eine Psychologin meinte, ich sei ein Sadhu oder auch ein Einsiedler. Ich verkörpere die Anti-Gesellschaft. In anderen Ländern werden Sadhus vergöttert und unterstützt, weil sie ein Leben führen, wie es sich die meisten insgeheim wünschen.

7. Allgemein stellte ich auch fest, dass nie ein Arzt nach meiner Ernährung gefragt hat.

8. Ein Hausarzt meinte, mein extremes Verallgemeinern von Dingen, sei depressiver Art.

9. Ein Suchtexperte testete mich mit Fragen wie: Wieviel Durchmesser hat ein Fünf-Franken-Stück? Ich erriet es auf 1 mm genau. Dieses zeigte ihm auf, dass ich keine schützende rosarote Brille aufhabe.


10. Ein Coach erklärte mich mit folgenden Worten: "Ich sehe die Welt wie sie ist, schmutzig
und feindlich!"


11. Ein Aerzt interessierte sich mehr für das Verhalten anderer als für meins. Nahm immer die anderen in Schutz. Ausserdem outete er sich, dass er selbst unter einer leichten Sozialphobie leide und im Alltag handle wie eben genau die Leute, unter denen ich leide. Von der ADS-Funktionsweise hatte er als Spezialist sehr wenig Ahnung und gab mir auch dementsprechend falsche und schädliche Tipps. Auch meinte er, er müsse mich so machen wie die Gesellschaft es verlangt und nicht so, wie ich es verlange. Ich lief jedesmal gebrochen und noch verunsicherter aus den Sitzungen. Die beste und neueste Medikation musste wie immer jeweils meine Partnerin herausfinden.

12. Ich denke, dass einen nur jemand therapieren kann, der selber direkt oder indirekt betroffen ist. Das ist die Basis für einen echten Dialog. Im Allg. würde ich meinen: DIE ÄRZTESCHAFT IST MIT DEM THEMA NACH WIE VOR ÜBERFORDERT!!!

13. Gemäss Statistiken aus erster Hand sind Gefängnisse überproportional mit ADSlern und Walldorf-Schülern belegt. Auch gibt es Untersuchungen, die einen direkten Zusammenhang zw.
"Tattoos stechen lassen" und ADS nachweisen.


Oft werde ich von meinem absolut nichtswissenden Laien-Umfeld gefragt, warum ich nicht profane Dinge wie Kochen, Tanzen und Kartenspielen kann. Ist doch logisch: Gleichzeitig brodelnde Pfannen und Töpfe überfordern mich, beim Tanzen fehlende Motorik und das Gefühl, die ganze Welt schaut einen an (so wie ich es tue). Kartenspielen zu viele Informationen gleichzeitig, Angst vorm nicht kapieren und blamieren (Frustsammlung).

Hier ein paar einfache Testfragen, um zu sehen, ob sie ein Profi oder ein Laie sind. Die Antworten sollten möglichst präzise und logisch begründet sein:


  1. Warum kann er nicht Schlagzeugen?
  2. Warum verlaufen die meisten Gespräche fatal?
  3. Warum Angst vorm Fliegen/Reisen?
  4. Warum Verzicht auf Menschen(massen)? 
  5. Warum Wohnung abgedunkelt?
  6. Warum Fenster immer zu?
  7. Warum kein Selbstvertrauen?
  8. Warum penibel geputzt und gepflegt?
  9. Warum perfekte Gegenstände um sich?
  10. Warum Interesse an Lautsprechern?





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Impulsivität
auch Leichtfertigkeit, bezeichnet ein Verhalten, bei dem der Handelnde spontan und ohne jede Erwägung selbst naheliegender Konsequenzen auf Außenreize oder innere Impulse reagiert. Das Verhalten wirkt auf Außenstehende situationsunangemessen und unkontrolliert.
Neben verbalen und motorischen Reaktionen kann Impulsivität auch das Denken eines Menschen beherrschen; es ist dann gekennzeichnet durch vorschnelle Schlussfolgerungen und Entscheidungsfindungen. Ein weiteres Merkmal kann die Unfähigkeit sein, vorübergehende Unannehmlichkeiten im Hinblick auf eine erst später zu erwartende Belohnung in Kauf zu nehmen.
Untersuchungen zeigten, dass bestimmte genetische Faktoren, wie eine erhöhte Impulsivität und die geringe Hemmung von Nervensignalen in Zusammenhang mit der Hirnaktivität im Frontallappen stehen. Sie können zahlreiche klinische Symptome beeinflussen. Ein geringerer P3-Ausschlag und die verminderte Aktivität im vorderen Hirnbereich kann daher als Risikofaktor für zahlreiche Verhaltensstörungen gelten, wie unter anderem eine Alkoholabhängigkeit.
Impulsivität ist ein Symptom verschiedener psychischer Störungen, insbesondere der Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung, der Borderline-Persönlichkeitsstörung und der Antisozialen Persönlichkeitsstörung.


Die Intelligenzen
Howard Gardner versteht unter Intelligenz eine Anzahl von Fähigkeiten und Fertigkeiten, die notwendig sind, echte (genuine) Probleme zu lösen oder Schwierigkeiten in einem bestimmten kulturellen Umfeld zu überwinden. Dazu gehört auch die Fähigkeit, (neue) Probleme zu erkennen und damit den Grundstein für den Erwerb von neuem Wissen zu legen.[2] Aus der Aufarbeitung der Evolutionstheorie, dem Studium so genannter Savants (Menschen mit Inselbegabung) und aus der Untersuchung historisch herausragender Talente, wie zum Beispiel Einstein, Picasso, Stravinsky oder Gandhi, entwickelt Gardner sein Konzept der sieben Intelligenzen, die er dann um weitere Fähigkeiten erweitert hat. Die ersten acht publizierten Intelligenzen kann man wie folgt beschreiben:[3]

Sprachlich-linguistische Intelligenz
Zur sprachlichen Intelligenz gehören die Sensibilität für die gesprochene und die geschriebene Sprache, die Fähigkeit, Sprachen zu lernen, und die Fähigkeit, Sprache zu bestimmten Zwecken zu gebrauchen. Erfolgreiche Rechtsanwälte, Redner, Schriftsteller und Dichter zählen zum Kreis der Personen mit hoher sprachlicher Intelligenz. Berühmte Persönlichkeiten, welche ein hohes Potenzial in der sprachlich-linguistischen Intelligenz besaßen, waren beispielsweise Homer, William Shakespeare und Johann Wolfgang von Goethe
Logisch-mathematische Intelligenz
Zur logisch-mathematischen Intelligenz gehört die Fähigkeit, Probleme logisch zu analysieren, mathematische Operationen durchzuführen und wissenschaftliche Fragen zu untersuchen. Von der logisch-mathematischen Intelligenz machen Mathematiker, Logiker, Programmierer und Naturwissenschaftler Gebrauch. Berühmte Persönlichkeiten: Aristoteles, Euklid, Al-Chwarizmi, Pascal, Leonhard Euler, Carl Friedrich Gauß und Leibniz.
 
Musikalisch-rhythmische Intelligenz
Musikalische Intelligenz bedeutet die Begabung zum Musizieren, zum Komponieren und Sinn für die musikalischen Prinzipien. Berühmte Persönlichkeiten: Johann Sebastian Bach, Wolfgang Amadeus Mozart und Ludwig van Beethoven
 
Bildlich-räumliche Intelligenz
Zur räumlichen Intelligenz gehört der theoretische und praktische Sinn einerseits für die Strukturen großer Räume, die zum Beispiel von Seeleuten und Piloten zu erfassen sind, andererseits aber auch für das Erfassen der enger begrenzten Raumfelder, die für Bildhauer, Chirurgen, Schachspieler, Ingenieure, Graphiker oder Architekten wichtig sind. Berühmte Persönlichkeiten: Leonardo da Vinci, Michelangelo, Raffael, Vincent van Gogh und Pablo Picasso.
 
Körperlich-kinästhetische Intelligenz
Die körperlich-kinästhetische Intelligenz enthält das Potenzial, den Körper und einzelne Körperteile (wie Hand oder Mund) zur Problemlösung oder zur Gestaltung von Produkten einzusetzen. Vertreter dieser Intelligenz sind Tänzer, Schauspieler und Sportler. Wichtig ist diese Form der Intelligenz aber auch für Handwerker, Chirurgen, Mechaniker und Angehörige vieler anderer technischer Berufe. Berühmte Persönlichkeiten: Mary Wigman, Anna Pawlowna Pawlowa.
 
Naturalistische Intelligenz
In der Zwischenzeit spricht Gardner von einer weiteren Intelligenz: „Mein kritischer Durchgang lässt klar erkennen, dass die Erweiterung der ursprünglichen Siebenerliste um den Begriff der naturalistischen Intelligenz gerechtfertigt ist.“ Berühmte Persönlichkeiten: Isaac Newton, Charles Darwin und Albert Einstein.
 
Interpersonale Intelligenz
(auch Soziale Intelligenz nach David Wechsler) Als interpersonale Intelligenz wurde die Fähigkeit bezeichnet, auch unausgesprochene Motive, Gefühle und Absichten anderer Menschen nachempfindend zu verstehen (vergleichbar mit Empathie) und deren Stimmungen und Emotionen zu beeinflussen. Diese Fähigkeit ist eine wesentliche Voraussetzung für den erfolgreichen Umgang mit anderen Menschen. Gardner sieht diese Fähigkeiten bei politischen oder religiösen Führern, bei geschickten Eltern, Lehrern sowie bei anderen beratenden oder heilenden Berufen besonders stark ausgeprägt. Berühmte Persönlichkeiten: Mahatma Gandhi, Nelson Mandela und Martin Luther King.
 
Intrapersonelle Intelligenz
Die intrapersonelle Intelligenz ist die Fähigkeit, die eigenen Gefühle, Stimmungen, Schwächen, Antriebe und Motive zu verstehen und zu beeinflussen. Diese Personen haben nach Gardner ein zutreffendes mentales Modell ihrer Persönlichkeit, das ihnen hilft, in verschiedenen Situationen die eigenen Verhaltensweisen zu antizipieren. Diese interne, auf Selbsterkenntnis beruhende, wie Gardner sie nennt, „central intelligence agency“, verhilft Menschen zu richtigen Entscheidungen. Die Interpersonale und Intrapersonale Intelligenz sind die Grundbausteine der Theorie der Emotionalen Intelligenz, wie sie von John D. Mayer und Peter Salovey entwickelt und später von Daniel Goleman popularisiert wurde.

Gardner zieht neben diesen acht von ihm identifizierten Formen der Intelligenz noch eine weitere neunte in Betracht, die existenzielle Intelligenz oder spirituelle Intelligenz, bei der es um grundlegende Fragen der Existenz geht. Vertreter dieser potentiellen Intelligenz wären v. a. religiöse und geistige Führer, Philosophen: so zum Beispiel der Dalai Lama und Jean-Paul Sartre.



«Ohne Selbstkontrolle kommt man nicht weit»

Wer als Kind Verlockungen widerstehen kann, bringt es auch später im Leben weiter als andere. Dies belegt der Marshmallow-Test des amerikanischen Psychologen Walter Mischel. Sein neues Buch beschreibt die Hintergründe.
Walter Mischel, offenbar hatten Sie den Marshmallow-Test entwickelt, weil Sie selbst bezüglich Selbstkontrolle nie sonderlich gut waren?
(lacht) Es wäre wohl übertrieben zu behaupten, dass dies der Hauptauslöser meiner Forschung war. Aber mein Interesse an Selbstkontrolle war sicherlich dadurch inspiriert, dass ich dafür von Natur aus kein besonderes Talent habe. Ich musste mich immer anstrengen, deshalb wollte ich die Mechanismen besser verstehen. Der eigentliche Auslöser aber waren meine Töchter. Es faszinierte mich zu sehen, wie sie sich von impulsgetriebenen, unkontrollierbaren kleinen Mädchen in junge Frauen verwandelt hatten, mit denen man interessante Gespräche führen konnte.
Hätten Sie als Kind Ihren Test bestanden?
Oh ja, keine Frage. Ich hätte gewartet und danach die doppelte Menge Süssigkeiten genossen. Meine Selbstkontrolle hat ja auch ausgereicht, um einen Doktor zu machen und an renommierten US-Universitäten angestellt zu werden.
Warum ausgerechnet Marshmallows? Könnten es auch Kekse sein oder Schokolade?
Absolut. Es gibt ja auch Kinder, die Süssigkeiten gar nicht mögen, für die muss es was ganz anderes sein. Wichtig ist, dass das Testkind dem Angebot nur schwer widerstehen kann. Marshmallow-Test heisst die Versuchsanlage, weil ein Journalist der «New York Times» sie Jahre später in einem weit herum beachteten Artikel so genannt hat – und der Name blieb hängen.
Was ist für Sie die wichtigste Erkenntnis aus dem Test?
Was mich immer fasziniert hat, waren die diversen Strategien, die sich die Kinder ausgedacht haben, um die Zeit herumzubringen, bis sie eine zweite Süssigkeit bekamen. Das Geheimnis der Selbstkontrolle ist nämlich nicht, stoisch zu warten und zu leiden, sondern Wege zu finden, sich zu beschäftigen, damit die Zeit schneller vergeht. Und es hat sich herausgestellt, dass diese Fähigkeit auch generell bedeutsam ist für ein erfolgreiches Leben. Wer sie beherrscht, kann sich Ziele setzen und darauf hinarbeiten. Der Test illustriert auch, wie kreativ ein Kind darin ist, solche Ablenkungsstrategien zu entwickeln.
Wie haben Sie die Kinder für Ihre ersten Tests Ende der 60er-Jahre ausgesucht?
Ich war damals an der Stanford University in Kalifornien, und wir hatten einfach sämtliche Kinder des dortigen Kindergartens getestet – rund 550. Das waren nun natürlich alles Akademikerkinder, also eine recht einseitige Stichprobe. Später jedoch machten wir die gleichen Tests mit Kindern aus ganz anderen sozialen Schichten, etwa in der South Bronx in New York. Die Strategien, wie Kinder ihre Belohnung erfolgreich verzögern oder eben nicht, waren dieselben.
Konnten Sie im Vorfeld des Tests einschätzen, ob ein Kind – basierend auf seinem Verhalten oder sozialen Hintergrund – erfolgreich sein würde oder nicht?
Wir hatten immer unsere Ideen und lagen dabei regelmässig falsch (lacht). Äusserliche Faktoren erwiesen sich als nicht brauchbar für diese Einschätzung. Entscheidend für den Test ist es, dass zwischen dem Kind und der Testperson ein gutes Verhältnis besteht. Denn es muss darauf vertrauen, dass das Versprechen der zusätzlichen Belohnung auch eingehalten wird. Wichtig ist auch, dass das Kind bereits über die kognitiven Fähigkeiten verfügt, um die Testanlage zu verstehen und Ablenkungsstrategien zu entwickeln.
Je älter die Kinder sind, desto leichter fällt es Ihnen zu widerstehen?
Genau. Und wenn sie jünger sind als vier Jahre verstehen sie meist die Grundanlage noch gar nicht.
Welches sind die besten Strategien, um der unmittelbaren Begierde zu widerstehen und die spätere Belohnung attraktiver zu machen?
Eine sehr beliebte Strategie der Vier- und Fünfjährigen ist es, sich einfach wegzudrehen. Es hilft, nur schon das Objekt der Begierde nicht unmittelbar zu sehen. Eine andere gute Strategie ist es, den Teller mit dem Marshmallow so weit wie möglich von sich wegzuschieben, an den Rand des Tisches. Ältere Kinder lenken sich ab, indem sie mit anderen verfügbaren Gegenständen spielen, etwa ihren Schuhen. Oder sie erkunden hingebungsvoll ihre Ohr- oder Nasenlöcher. Oder sie singen. Aus all dem lassen sich auch Verhaltensstrategien für Erwachsene zur Selbstkontrolle entwickeln. Eine der erfolgreichsten ist die Wenn-dann-Strategie. Das funktioniert zum Beispiel so: Wenn man spürt, dass man sich zu ärgern beginnt, fängt man an, langsam von 100 an rückwärts zu zählen. Bereits bei 90 haben sich die meisten beruhigt. Oder für Raucher, wie ich lange einer war: Jedes Mal, wenn man eine Zigarette anzündet, spendet man zehn Dollar an die Institution, die man am wenigsten ausstehen kann.

Was genau bewirken diese Strategien?
Sie geben dem kühlen, rationalen Teil unseres Gehirns eine Chance. Der wird in bestimmten Situationen nicht schnell genug aktiviert, obwohl wir wissen, dass es für uns besser wäre, ihm zu folgen – etwa, wenn im Restaurant der Kellner mit dem Dessertwagen vorbeikommt. In solchen Situation reagieren wir meist emotional und impulsiv, umso mehr übrigens, wenn wir gestresst sind. Wir greifen zu, bevor die Stimme der Vernunft sich überhaupt einschalten kann. Reagieren, ohne nachzudenken, ist in gewissen Situationen wichtig und nützlich, es hilft uns, zum Beispiel im Strassenverkehr rechtzeitig zu bremsen. Aber in vielen anderen Situationen wäre es besser, wir würden erst mal nachdenken. Diese Strategien sorgen dafür, dass unsere rationale Seite schnell genug zum Zug kommt. Es reicht nicht, sich vorzunehmen, abends im Restaurant kein Dessert zu essen, das funktioniert eh nie. Der Plan muss sein: Wenn der Dessertwagen kommt, nehme ich den Fruchtsalat.
Mit einer solchen Strategie haben Sie sich das Rauchen abgewöhnt?
Ich war lange ein sehr schwerer Raucher, obwohl mehr und mehr medizinische Berichte erschienen sind, die vor den gesundheitlichen Folgen warnten. Mein Moment der Wahrheit war gekommen, als ich in einem Krankenhaus einen schrecklich zugerichteten Lungenkrebspatienten sah. Dann verfolgte ich eine klassische Wenn-dann-Strategie: Wenn ich das Bedürfnis fühlte, eine Zigarette anzuzünden, dann erinnerte ich mich an das schreckliche Bild dieses Patienten auf dem Weg zur Strahlentherapie. Zudem steckte ich meine Nase in eine Büchse voller alter Zigarettenstummel und Zigarrenreste. Das hatte derart widerlich gestunken, dass mir nach und nach die Lust verging. Wichtig ist in solchen Situationen auch die soziale Unterstützung der Umgebung. Ich machte damals einen Deal mit meiner dreijährigen Tochter, die intensiv am Daumen lutschte. Wir hatten beschlossen, unsere schlechte Gewohnheit gemeinsam abzulegen – und das hatte dann auch geklappt. Das alles war vor über 50 Jahren. Aber ich weiss genau, würde ich heute eine einzige Zigarette rauchen, wäre ich sofort wieder abhängig. Es braucht also noch immer eine rigide Selbstkontrolle.
Besonders bemerkenswert an Ihrer Studie sind die Langzeiterkenntnisse. Dass nämlich jene, die als Kind beim Marshmallow-Test widerstehen können, auch später im Leben erfolgreicher sind als die anderen.
Richtig, da haben sich klare Unterschiede gezeigt. Wenn man momentanen Impulsen nicht widerstehen kann, um ein längerfristiges Ziel anzustreben, fehlt einem die zentrale Grundlage, um überhaupt Ziele zu erreichen. Egal, ob man Klavierspielen lernen oder Konzernchef werden will – ohne Selbstkontrolle kommt man nicht weit. Kinder, die Schwierigkeiten haben, eine Belohnung hinauszuzögern, haben bereits in der Schule Probleme. Und eine gute Schulbildung ist die Basis für jeden Erfolg. Ebenso wichtig ist es, mit negativen Gefühlen umgehen zu können. Wer immer aggressiv reagiert, hat es schwerer als jemand, der diese Impulse kontrollieren kann. Selbst- und Impulskontrolle geben dem Menschen die Freiheit, Wege zu finden, um Ziele zu erreichen.
Aber braucht es dafür nicht noch mehr?
Natürlich, es spielt noch viel mehr rein, um ein erfolgreiches Leben zu führen. Man braucht zum Beispiel die Motivation, ein bestimmtes Ziel zu erreichen. Das soziale Umfeld spielt eine sehr wichtige Rolle. Ebenso die Zuversicht, dass man etwas tun und verändern kann, wenn man sich bemüht. Und es hilft natürlich, wenn man ab und zu Erfolgserlebnisse hat.
Kann man auch zu viel Selbstkontrolle haben?
Ein Leben, in dem sich alles nur darum dreht, auf Belohnungen zu verzichten und sich zu kontrollieren, kann genauso traurig und schwierig sein wie eines, in dem es immer nur um sofortige Bedürfnisbefriedigung geht. Entscheidend ist es, die richtige Balance zu finden. Manchmal ist es vielleicht besser, sofort den einen Marshmallow zu essen, statt auf zwei zu warten. Den Moment zu geniessen, gehört zu einem guten, erfüllten Leben.
Kann man Selbstkontrolle lernen? Auch wenn man nicht besonders gut darin ist?
Die meisten Menschen können Selbstkontrolle auch nachträglich noch gut lernen. Es ist aber für Kinder und Jugendliche sicherlich einfacher – je jünger desto besser. Eine allgemein verbindliche Strategie gibt es jedoch nicht, man muss sie dem entsprechenden Menschen individuell anpassen.
Warum fällt es uns in einigen Bereichen leicht, Selbstkontrolle zu üben, und in anderen gelingt es fast nicht?
Gerade sehr erfolgreiche Menschen, die es mithilfe von Selbstkontrolle weit gebracht haben, entwickeln gerne Anspruchshaltungen und Illusionen von Unverwundbarkeit – sie glauben, sie könnten sich Dinge erlauben, die sie vielleicht besser nicht täten. Die Medien sind voll von diesen Geschichten. Selbstkontrolle hängt von der Stimulation ab. Jeder reagiert anders, und nicht allem gegenüber fällt es gleich leicht, sich zu kontrollieren. Entscheidend ist zu verstehen, welches die eigenen Hotspots sind, jene Dinge, denen wir nur schwer widerstehen können. Je besser wir uns diesbezüglich kennen, desto eher können wir damit umgehen.
Mit den Erkenntnissen aus Ihrem Buch möchten Sie ja auch das Erziehungs- und Schulsystem beeinflussen. Was schwebt Ihnen vor?

Ein paar simple Lernstrategien auf Kindergartenstufe verbessern erwiesenermassen die spätere Schulleistung der Kinder. Es gibt clevere verspielte Computerprogramme, in denen ein Kind eine bestimmte Aufgabe erfüllen muss, die strategisches Denken erfordert, etwa einen Schirm über eine sich bewegende Katze zu halten, damit sie nicht nass wird. Das Kind lernt so, ein Ziel anzustreben und dafür Strategien zu entwickeln. Eine simple Sache mit grosser Wirkung. Ganz wichtig sind natürlich auch die Eltern. Wenn Kinder Hausaufgaben machen sollen, hilft es, wenn sie das in einer Umgebung tun können, in der sie möglichst wenig abgelenkt sind.
Sie arbeiten mit 84 Jahren noch immer aktiv an der Universität. Ist es denn wenigstens weniger als früher?
Nicht wirklich. Heute stehe ich weniger häufig vor Studenten im Hörsaal, dafür reise ich mehr und halte Vorträge. Forschung betreibe ich noch immer ähnlich intensiv.
Als Rentner wäre es Ihnen zu langweilig?
Ich kann mir ein Leben als glücklicher Pensionär nicht vorstellen. Sollte ich mich aber doch mal von der Psychologie verabschieden, werde ich mich auf meine Malerei konzentrieren.
Was malen Sie?
Abstraktes, aber es hat immer menschliche Bezüge. Ich verwende oftmals Röntgenbilder oder Gehirnscans als Vorlagen.
Sie wurden ja in Österreich geboren. Haben Sie noch Beziehungen zur alten Heimat?
Meine Familie war 1938 gezwungen zu fliehen, als die Nazis die Macht übernahmen. Dank eines Grossvaters, der schon früher in die USA ausgewandert war, konnten wir US-Visa bekommen. Aber es war eine schlimme Zeit, wir waren dann auch lange sehr arm, obwohl wir in Wien zur gehobenen Mittelklasse gehört hatten. Der Rest der Verwandtschaft wurde ermordet. Mein Verhältnis zu Österreich ist deshalb noch immer kompliziert, aber ich bin gern in Berlin und in Paris, wo meine heutige Partnerin eine Wohnung hat. Und auch in der Schweiz bin ich ab und zu – ein schönes Land, das ich sehr mag.
Marshmallows sind ja eine sehr amerikanische Süssigkeit. Mögen Sie sie überhaupt?
(lacht) Nicht besonders. Etwas mehr, wenn sie geröstet sind, wie man das in den USA typischerweise am Lagerfeuer macht. Mit meinen Enkeln tun wir das ab und zu.

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NEWS:
In den USA wird bereits jetzt schon ein ADS zusammen mit Autismus diagnostiziert. Dabei können beide Auffälligkeiten vorliegen und sich nach neusten Erkenntnissen auch überlagern oder getrennt von einander existieren. Zurzeit ist aber eine Diagnose neben einem ADS im Bereich des Autismus in der Schweiz noch nicht offiziel diagnostizierbar und anerkannt.